SRH Zentralklinikum Suhl
Zentralklinikum Suhl

15 Monaten Frauenmilchbank: Suhler Perinatalzentrum Level 1 zieht positive Bilanz

In diesen Tagen blickt das Perinatalzentrum Level 1 auf 15 Monate Frauenmilchbank zurück. 40 Kinder konnten in dieser Zeit bereits mit Spenderinnenmilch versorgt werden. Darunter unter anderem auch ein 450g leichtes Frühgeborenes.

Muttermilch ist wieder in Mode: Von den 2000er Jahren bis heute stieg die Quote der gestillten Kinder laut RKI um 10 Prozent. 87 Prozent aller Kinder erhielten demnach Muttermilch, die gemeinhin fast als Wundermittel gilt. Zahlreiche Studien belegen: Das Stillen fördert die Bindung zwischen Mutter und Kind, zudem schützt Muttermilch vor Infektionskrankheiten, enthält antiinfektiöse Mikroben, trägt zur Entwicklung des Darmes sowie des Immunsystems bei und beugt sogar späterer Adipositas vor. 

Was aber, wenn ein Kind nicht gestillt werden kann? „Wir beobachten, dass es für manche Mütter emotional belastend ist, wenn ihr Kind auf die Milch der eigenen Mutter verzichten muss“, erklärt der Chefarzt des Perinatalzentrums Level 1, Dr. Sebastian Horn. „Auch aus diesem Grund haben wir uns schon 2022 auf den Weg gemacht, eine Frauenmilchbank in Suhl aufzubauen.“ Seit 15 Monaten gibt es im SRH Zentralklinikum wieder eine solche Einrichtung.

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Nur 50 Frauenmilchbanken bundesweit

Nur etwa 50 Frauenmilchbanken existieren in Deutschland. Vier davon alleine in Thüringen. Die Nächsten allerdings erst wieder in Frankfurt, Bamberg und Chemnitz. „Für ein Perinatalzentrum Level 1, das allerkleinste Frühgeborene und kranke Neugeborene behandelt, gehört eine Frauenmilchbank einfach dazu.  Zum Glück konnten wir dafür auf unserer sogenannten ‚Milchküche‘ unter der herausragenden Leitung von Jeanette Sorg aufbauen und auf wirklich engagierte Kolleginnen in unserem Team zählen. Die Kolleginnen hatten fast alles an Board, um zur Frauenmilchbank upzugraden“, so der Chefarzt. Gezielt habe man sich um die Teilnahme an der bundesweiten NeoMilk-Studie, gefördert durch den Gemeinsamen Bundesausschusses bemüht, sodass der Aufbau der Frauenmilchbank wissenschaftlich begleitet und evaluiert wurde.  

„Wir fokussieren uns mit unserer Frauenmilchbank auf die Versorgung von Frühgeborenen und kranken Neugeborenen. Die Studienlage besagt, dass Mutter- oder Spenderinnenmilch für diese Risikogruppe einen immensen Mehrwert hat“, so Horn. “Wir wissen mittlerweile, dass schwere Darmentzündungen bei Frühgeborenen überwiegend verhindert und optimales Wachstum und damit eine sichere Entwicklung dieser Kinder damit gefördert wird.” 

100 Liter Spenderinnenmilch für 40 Kinder

In den vergangenen 15 Monaten wurden in der Suhler Frauenmilchbank 40 Kinder mit Spenderinnenmilch versorgt. Darunter unter anderem auch ein 450g leichtes Frühgeborenes. Mehr als 100 Liter Spenderinnenmilch durfte das Perinatalzentrum von elf Müttern Frühgeborener des Suhler Zentrums sammeln. 

„Natürlich werden die spendenden Mütter eingehend untersucht, ebenso ihre Spenderinnenmilch, welche unter anderem mikrobiologische Tests durchläuft, bevor sie anderen Kindern zugutekommen kann. Ein bisschen ist das fast wie bei der Blutspende, nur haben wir am Ende ein sicheres und überwachtes Lebensmittel“, erklärt der Chefarzt. Nach diesem Verfahren kann die Milch unmittelbar gefüttert oder aber für bis zu 6 Monaten eingefroren werden. Eine Besonderheit dabei stelle die unterschiedliche Zusammensetzung von Muttermilch dar. Sie sei abhängig von der Schwangerschaftswoche, in der ein Kind geboren wurde und wie lange die Geburt bereits zurück liege. Das bedeute, dass die Spenderinnenmilch den Patienten sorgfältig zugeordnet und zum Teil individuell mit Nährstoffen versehen werden müsse, um die Entwicklung der Kinder zu unterstützen, so der Chefarzt. 

Spenden und Empfangen: Absolut freiwillig

Die Spende von Muttermilch ist im Perinatalzentrum Level 1 absolut freiwillig, sobald ausreichend Milch für das eigene Kind zur Verfügung steht. Genauso freiwillig ist die Ernährung mit Spenderinnenmilch. „Wir empfehlen dies mittlerweile allen Eltern für einen optimalen Start, bis ausreichend eigene Milch verfügbar ist. Wir nehmen uns viel Zeit, um die Vorzüge von Muttermilch zu erklären und akzeptieren aber natürlich auch, wenn dies für Eltern nicht in Frage kommt,“ so Dr. Horn. „Unser großes Ziel im Umgang mit dem Themenkomplex Muttermilch, Spenderinnenmilch und Stillen in unserem Perinatalzentrum ist der möglichst rasche Bindungsaufbau zwischen den Kindern sowie Mutter und Vater. Hier kann Spenderinnenmilch eine Brücke bauen, um auch besonders kleinen Kindern die Möglichkeit zu eröffnen voll gestillt nach Hause entlassen zu werden.“

 

Glossar:

Perinatalzentrum Level 1
Ein Perinatalzentrum Level 1 ist eine spezialisierte medizinische Einrichtung der höchsten Versorgungsstufe für Schwangere und Neugeborene. Es ist auf die ganzheitliche Betreuung von Risikoschwangerschaften inklusive Beratungsgesprächen und spezialisierter Untersuchungen bis zur Geburt und die Versorgung von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1.250 Gramm oder einem Gestationsalter von weniger als 29 Wochen spezialisiert. Seine umfassende Ausstattung und Expertise ermöglicht es, auch extrem kleine Frühgeborene und Neugeborene mit besonderen gesundheitlichen Herausforderungen optimal zu versorgen. In Thüringen gibt es drei Perinatalzentren Level 1.  

Frauenmilch, Muttermilch und Spenderinnenmilch
Die Begrifflichkeiten können verwirren. Frauenmilch meint sowohl Muttermilch als auch Spenderinnenmilch. Muttermilch ist die Milch, die der Ernährung des eigenen Kindes dienst. Spenderinnenmilch ist der Milchüberschuss, den eine Mutter freiwillig und unentgeltlich einer Frauenmilchbank zur Verfügung stellt.

Was macht Muttermilch so besonders?
Muttermilch besteht aus Kohlenhydraten, Proteinen, Fetten, Nährstoffen, Wasser sowie weiteren Inhaltsstoffen. Ihre Kombination kann bisher nicht künstlich nachgebildet werden, da sie darüber hinaus Millionen lebender Zellen, über 1.000 Proteine, 20 unterschiedliche Aminosäuren, mehr als 200 verschiedene Zuckermoleküle, über 40 Enzyme sowie Hormone, Vitamine, Mineralstoffe, Antikörper, langkettige Fettsäuren sowie viele weitere Inhaltsstoffe enthält. Damit fördert sie die Entwicklung des Neugeborenen in einer Weise, die bislang unnachahmlich ist. Die Zusammensetzung der Muttermilch fördert damit vor allem vordergründig den Aufbau einer gesunden Darmflora des Kindes, was essenziell für die Entwicklung besonders kleiner Frühgeborener ist.

NeoMilk-Studie
Die Neo-MILK-Studie, gestartet im Januar 2021, zielt darauf ab, die Stillförderung und den Aufbau von Frauenmilchbanken an neonatologischen Intensivstationen in Deutschland zu verbessern. Langfristiges Ziel ist es, dass alle Frühgeborenen unter 1.500 Gramm ab dem ersten Lebenstag mit Muttermilch oder Spenderinnenmilch versorgt werden können. Das Projekt umfasst die Entwicklung einer App, die Mütter von Frühgeborenen beim Stillen unterstützt, sowie Schulungen für Pflegekräfte und Ärztinnen/Ärzte. In Zusammenarbeit mit 15 Perinatalzentren wurden die entwickelten Konzepte erprobt und wissenschaftlich evaluiert. Die Erhebungsphase der Studie ist abgeschlossen. 

Gemeinsamer Bundesausschuss
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland. Er legt fest, welche medizinischen Leistungen von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen werden und erstellt Richtlinien für die Gesundheitsversorgung der über 74 Millionen Versicherten.